Kürbisflut vor Steinhaufen
Langer Tag der Stadtnatur in der Kleingartenanlage Hoffnung e.V.
Was für ein Wochenende
Work in progress
Tellerherbarium
Vorsitzender, Henry Düring
Bienenschaukasten - alle suchen die Königin
Künstlertisch
Eine Gruppe schart sich um unsere Gartenfachberaterin und Kräuterpädagogin Sonja Bienemann, es findet gerade eine Kräuterführung statt. Auf den Bänken bei unserer Mitgärtnerin Stefanie Remlinger, MdA, sitzen Menschen bei Rhabarberkuchen und Kaffee und unterhalten sich mit ihr über Ernteverwertung und auch über Schulgarten. Einen Tisch weiter werden unter fachkundiger Anleitung von Simone Voland Tellerherbarien gebastelt. Eine besondere Attraktion ist der Schaukasten unserer Imkerin Karin Freyhoff. Hier bilden sich große Trauben, jeder will mal die Königin suchen und dabei zuschauen, wie ein Babybienchen aus der Wabe schlüpft. Auch ich werde dicht umlagert. Am Künstlertisch nämlich habe ich die für mich recht ungewohnte Aufgabe übernommen, Junge und Erwachsene in die Kunst des Pflanzendrucks einzuführen.
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Hier steppt der Bär – das sind in der Regel nicht unbedingt die Worte mit denen unsere Kleingartenanlage beschrieben werden könnte und wollte. Unsere Tore und Türen stehen natürlich immer offen, jeder kann kommen, schaukeln, schauen, spazieren. So schließt zum Beispiel ein älterer Herr unsere Anlage regelmäßig in seinen Spaziergang ein. Läuft den Hauptweg entlang, setzt sich auf die Bank am Spielplatz und lauscht den Vögeln. Er mag den Schlosspark nicht mehr. Zu laut und zu hektisch. All die schwitzenden Dauerläufer und Radfahrer. Er bleibt nie allzu lange auf seiner Bank, kommt aber fast jeden Tag. Nur heute nicht, am Langen Tag der Stadtnatur – da war ihm wohl zu viel los bei uns.
Ja, die Leute kommen nicht ständig und zuhauf und rennen uns das Gartentor ein - heute aber schon. Sie bemerken, mögen und wertschätzen uns. Das erzählen sie uns an eben solchen Tagen, wo sie ausdrücklich eingeladen sind und dann gerne auf zwei-drei Kirschen und einen Brombeerlikör vorbeischauen. Viele kommen aus der Nachbarschaft. Sie fragen, wie es um uns steht. Seid Ihr noch immer gefährdet? Soll hier wirklich gebaut werden? Sie sorgen sich um ihr hübsches Hinterland, fürchten sich vor noch einer Baustelle. Vor noch mehr Verlust an Lebensqualität. Die Stadt ist so voll geworden und damit sind Rückzugsorte umso wichtiger. Sie erzählen, dass sie ihre Schlafzimmer zu uns nach hintenraus haben, da ist es ruhig, kühl und dunkel. Und sie bewundern Müllers Rosenpracht. Heute gerne mal von Nahem. Mit Duft.
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Es gibt auch kontroverse Gespräche an so einem Wochenende. Der Lord Voldemort des Kleingartenwesens, Immobilienentwickler Piepgras, hatte ja jüngst im Tagesspiegel eine Diskussion vom Zaun gebrochen, die an uns und unseren interessierten Besuchern natürlich nicht vorbeigeht. Kleingärten vs. Wohnungsbau. Bezahlbare Wohnungen sind superwichtig. Finden wir auch. Aber Kleingärten völlig aus der Stadt verbannen - blöde Idee. Für jeden einzelnen von uns, die wir unsere Gärten lieben, eine Horrorvorstellung. Für die Stadt und deren Natur und Kultur ein ökologischer Wahnsinn und soziale Idiotie. Ein absurder Gedanke, Kleingärten gegen Wohnungen aufwiegen bzw. die kleinen Leute gegen die kleinen Leute ausspielen zu wollen. Das kann nicht richtig sein! Wir haben uns sehr gefreut, dass diese Diskussion von unseren Besuchern am Langen Tag der Stadtnatur geführt wurde. Das zeigt uns, dass ihnen die Kleingärten nicht egal sind.
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Denen übrigens, die das Piepgras-Argument nennen, dass man mit den drei Erbeeren und vier Kartoffelpflanzen ja wohl das Klima nicht retten könne, haben wir dann gleich mal die nächste Garten- und Kräuterführung anempfohlen 😉 Fünf, sechs Neugierige gruppieren sich mal wieder um die Parzellenchefin Sonja Bienemann, unsere Gartenfachberaterin. Ein Teil der Besucher findet den Garten üppig und schön, andere murmeln auch mal was von unordentlich. Und in der Tat, hier wird zwar jede Menge angebaut, doch abgezirkelte Beete, welche säuberlich von „Unkraut“ bereinigt wurden, sucht man hier vergebens. Unsere Gartenfachberaterin lacht und erzählt, dass sie es nicht übers Herz brächte, die wild wuchernde Rauke oder den Giersch anders als durch kontinuierliches Aufessen zu bändigen. Auch für den allerorts vorzufindenden Spitzwegerich hat sie als Hustensaft oder Anti-Mückentinktur gute Verwendung. Und Ringelblumen wachsen quasi überall dort, wo sie sich eben wohlfühlen. Ringelblumensalbe kann man schließlich nie genug haben. Sie erklärt den Umstehenden den Steinhaufen. Das ist ein Wohlfühl-Biotop für Insekten. Die aufgeschichteten Zweige und Äste daneben sind Rückzugsort für Igel. Dann führt sie die Gruppe zu einem vertrockneten Baumüberrest. Überall feine Holzspäne. Hier wohnen große, blauschwarze Ungetüme, Holzbienen, die nur sehr wenig mit den Honigbienen von unserer Imkerin gemein haben. Auch Erdbienen haben ihre Höhlen hier im Garten. Eine Gruppe erwachsener Menschen hockt vor einem Löchlein in der Märkischen Streusandbüchse und staunt einem kleinen Erdbienenhintern hinterher. Es ist ein Anblick. Sonja Bienemann erklärt an dieser Stelle, dass bestenfalls nur 4 Honigbienenvölker pro Hektar Kleingartenfläche aufgestellt werden sollten. Wegen der Futterkonkurrenz mit den verschiedenen Wildbienenarten und all den anderen Bestäubern. Wir wollen hier gerne Vielfalt. Vielfalt vor Ertrag. Am Ende der Führung stehen alle vor dem riesigen Salbeistrauch. Jeder nimmt ein Blättchen mit und sie kommen nun zu mir zum Pflanzendruck. Jetzt wird ordentlich mit Fingermalfarbe gepanscht. Die Grundschullehrerin, die unser Programm gelesen hatte und auf der Suche nach neuen Ideen hergekommen ist, ist begeistert. Ich bin übrigens ein guter Gastgeber – natürlich sind alle Besucher wesentlich bessere Pflanzendrucker als ich. :D
Henry Düring
Vorsitzender KGA Hoffnung e.V.
P.S.: Ganz herzlichen Dank an alle unsere Gartennachbarn, die zum Gelingen beigetragen haben!
P.P.S.: Ich kann nicht zählen, wie oft ich erklären durfte, dass Einszwanzig-Heckenhöhe nichts mit kleingärtnerischer Spießigkeit zu tun hat. „…nein, Besuchern wie Ihnen, soll der Blick auf Müllers wunderschöne Rosen schließlich nicht verwehrt sein…“
P.P.P.S: Sie sollten das in Ihrer KGA auch mal ausprobieren. Macht Spaß.